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Einführung
Letztes Jahr fand das erste Schwullesbische Thurgauer Filmfestival statt. Ein Wagnis, auch in persönlicher Hinsicht. Das öffentliche Coming Out hatte uns zittern gemacht, sich im Rückblick aber gelohnt. Der fulminante Start von Pink Apple bewog uns weiterzumachen. Wir haben unsere drei wichtigsten Ziele erreicht - Homosexualität auf der Leinwand und in der Realität in positivem Kontext sichtbar gemacht, einen Ort der Begegnung geschaffen und einen attraktiven Querschnitt schwullesbischen Filmschaffens gezeigt:
Das Interesse des Publikums war unerwartet gross und übertraf unsere Erwartungen. Manche Vorstellungen waren komplett ausverkauft. Insgesamt zählten wir 539 Besucherinnen und Besucher im 70plätzigen Kino.
Das Cinema Luna während Pink Apple war ein Treffpunkt für Schwule, Lesben, Bisexuelle, ihre Freundinnen und Freunde, Eltern sowie weitere Interessierte - grad auch nach den Filmen an der Bar im Foyer. Das stärkte Zusammenhalt, ermöglichte Kontakte und Auseinandersetzung
Die Oeffentlichkeit hat wohl erstmals realisiert, dass im Thurgau gegen 10'000 homosexuelle Männer und Frauen leben - nicht zuletzt dank der Berichterstattung der Medien (dickes Dankeschön!). Verschiedene Stellen hatten wohl erstmals mit leibhaftigen Schwulen und Lesben zu tun. Sei es Regierungsrätin Vreni Schawalder, die das Festival eröffnete (ich habe erst jetzt gelernt, Ausdrücke wie Schwule und Lesben locker über die Lippen zu bringen") oder sei es das Eidgenössische Zeughaus, das uns Material für die Party Gayneralstab" zur Verfügung stellte.
Pink Apple ist in seiner Art einzigartig. Wohl gibt es in Bern das Festival Queersicht", das vor allem (leider oft nicht untertitelte) Originalversionen zeigt, wohl laufen in verschiedenen Städten schwule und lesbische Filme. Doch auf dem Land ist es (noch) anders. Hier ist Homosexualität noch tabuisiert. Für manche Ewiggestrige gilt sie als abartig und krank. Die fundamentalistischen Christen, die 12. Juni 1998 vor dem Cinema Luna gegen Pink Apple demonstrierten und Flugblätter verteilten, haben uns gezeigt, wie nötig die Weiterführung unserer Arbeit ist. Wir hoffen, damit Vorurteile und Klischees abzubauen - Pink Apple richtet sich deshalb ausdrücklich auch an ein heterosexuelles Publikum. Unsere drei wichtigsten Ziele (s. oben) bleiben dieselben.
30 Jahre nach Beginn des Gay Pride Movement im Stonewall Inn" an der Christopher Street regen sich deshalb auch im Thurgau die Lesben und Schwulen. Wir gedenken des Jubiläums mit unserem Eröffnungsfilm Stonewall". Das Festival besinnt sich auch auf lokale Wurzeln schwullesbischer Geschichte. Vor 25 Jahren starb Karl Meier (Rolf"), Gründer einer europäischen schwulen Emanzipationsbewegung, der im Thurgau doppel-lebte.
30.03.99/Thomas Müller
30.3.99 RoL
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